Bauarbeiten auf dem Militärflugplatz Wittmundhafen parallel zum Flugbetrieb

Ziel ist es, den Flugbetrieb simultan zu den Baumaßnahmen für die Eurofighter des Taktischen Luftwaffengeschwaders 71 in Wittmundhafen wieder vollumfänglich aufzunehmen. Zu den Neubauten gehören ein Tower, eine Lärmschutzhalle und eine Feuerwache, die Start- und Landebahn sowie die vollständige Erneuerung der Infrastrukturtrassen. Des Weiteren werden die vorhandenen Flugzeugshelter modernisiert. Das Gesamtprojektvolumen beläuft sich auf rund 750 Millionen Euro. Als Projektgruppenleiter für das Großprojekt trägt Stephan Rinne viel Verantwortung und steht im regen Austausch mit den Projektleitern und Projektleiterinnen, der Fachaufsicht führenden Ebene, den Bauherren und Bauherrinnen sowie den Nutzern und Nutzerinnen. Was ihn an dieser Position im Staatlichen Baumanagement gereizt hat und welche Tipps er für Bauingenieure und Bauingenieurinnen sowie für Architekten und Architektinnen hat, die sich für eine Karriere im öffentlichen Dienst entscheiden, verrät er im Interview.

Bauingenieur Stephan Rinne beantwortet Fragen rund um seine Arbeit und zum Umbau des NATO-Flugplatzes Wittmundhafen

Wie sind Sie zu Ihrer aktuellen Position als Projektgruppenleiter für den Umbau des NATO-Flugplatzes Wittmundhafen in Niedersachsen gekommen?

Nach dem Abitur und dem Zivildienst studierte ich klassisch Bauingenieurwesen und arbeitete anschließend fast 10 Jahre im Spezialtiefbau. Weil ich nicht immer nur Bauleiter sein wollte, habe ich berufsbegleitend mein Masterstudium in Geoingenieurwesen und Nachbergbau an der Technischen Hochschule in Bochum absolviert. Auf die Stelle der Projektgruppenleitung im Staatlichen Baumanage­ment wurde ich gar nicht selbst aufmerksam – sondern ich bin angesprochen worden. Nach dem Vorstellungsgespräch mit meiner jetzigen Vorgesetzten durfte ich mir das Projekt zunächst im Detail ansehen. Obwohl ich ursprünglich nie im öffentlichen Dienst arbeiten wollte, hat mich die Herausforderung schließlich so sehr gereizt, dass ich zusagte. Und ich habe bis heute sehr viel Spaß in der Baudurchführenden Ebene, auch weil die Projektstruktur durch die Arbeit mit einer interdisziplinären Projektgruppe mehr Flexibilität in der Bearbeitung der Aufgaben gewährt.

Der Eurofighter auf der Startbahn hebt ab. Bundeswehr/Sherifa Kästner ©

Unser Ziel ist es, einen der modernsten Luftwaffenstützpunkte für den Eurofighter zu schaffen.

Stephan Rinne

Was ist das Besondere am Projekt Fliegerhorst Wittmundhafen und Ihrer Arbeit beim Staatlichen Baumanagement Region Nord-West?

Wir bewegen uns hier in einer Projektgruppe – ein Novum im Staatlichen Baumanagement. Die Projektstrukturen sind vergleichbar mit denen in einem großen industriellen Bauprojekt. Natürlich müssen wir die Regularien des öffentlichen Auftraggebers, das heißt der Bundeswehr und der NATO, beachten, aber wir sind viel schneller unterwegs, haben einen straffen Zeitplan und sind ein sehr gut eingespieltes Team. Hier haben sich in den letzten Jahren die Prozesse in den Bauverwaltungen grundlegend geändert. Mit meinem Wissen aus dem Masterstudium sowie meiner Erfahrung aus der Industrie kann ich diesen Wandel aktiv mitgestalten und neue Sichtweisen einbringen.

Der Umbau des NATO-Luftwaffenstützpunkts in Wittmundhafen ist aktuell die größte Bundeswehrbaustelle in ganz Deutschland. Was hat Sie am Umbau dieses Militärflughafens am meisten gereizt?

Die ursprüngliche Start- und Landebahn wurde 1963 in Betrieb genommen – also vor 60 Jahren. Wittmundhafen ist heute einer von vier Stützpunkten für das moderne Waffensystem Eurofighter, das ganz andere Anforderungen braucht bei der Unterbringung, Wartung und dem Flugbetrieb, als damals bei der Planung berücksichtigt werden konnte. Unser Ziel ist es daher, einen der modernsten Luftwaffenstützpunkte für den Eurofighter zu schaffen. Das ist durch Erneuerungs­maßnahmen nicht zu bewältigen. Die Start- und Landebahn wird komplett neu gebaut. Hinzu kommt die gesamte Infrastruktur, die ein Flugplatz benötigt, zum Beispiel eine hochmoderne, riesige Luftfahrzeug­instandsetzungs­halle für die Reparatur und Instandsetzung der Eurofighter. Oder eine Lärm­schutz­halle, die gerade als Prototyp gebaut wird und so in ganz Deutschland einzigartig ist. Hier sollen die Maschinentests an den Eurofightern durchgeführt werden, was viele Auflagen hinsichtlich des Lärmschutzes und der Umwelt­bestimmungen mit sich bringt. Ein neues Wachgebäude mit der Zufahrt zum Flugplatzgelände wird ebenfalls in naher Zukunft fertiggestellt werden. Weiterhin in Planung sind ein neuer Tower sowie eine Feuerwache. Hinzu kommt die gesamte Infrastruktur, sei es die Versorgung mit Strom, Wärme, Wasser oder IT. Wir sprechen hier von Kilometern an Kabeln und Rohren, die unterirdisch verlegt werden und in die Gebäude gebracht werden müssen. Es ist ein Großprojekt mit vielen Bauabschnitten – sehr abwechslungsreich und mit vielfältigen Heraus­forderungen sowohl kommunikativ als auch logistisch. Und wir tun hier alles, um den Flugbetrieb für die Bundeswehr am Standort Wittmundhafen wieder zu ermöglichen.

Meine Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass alles reibungslos läuft. Sobald es Schwierigkeiten gibt und ein Projektleiter Unterstützung benötigt, bin ich zur Stelle und bringe mit meiner Erfahrung und dem Blick auf das Gesamtprojekt oft eine andere Perspektive ein.

Stephan Rinne

Einige der von Ihnen beschriebenen Baumaßnahmen auf dem Flieger­horst Wittmundhafen sollen 2025/26 parallel zum Flugbetrieb der Eurofighter stattfinden?

Ja, das stellt eine große Herausforderung dar. Aktuell sind 19 Eurofighter des Taktischen Luftwaffengeschwaders 71 „Richthofen“ in Laage südlich von Rostock stationiert. Die Kampfjets sollen 2025 nach Wittmundhafen zurückkehren und der Flugbetrieb soll wieder aufgenommen werden. Deshalb gibt es bereits jetzt klare Abgrenzungen zwischen Flugbetriebsbereich und Baubetriebsbereich. Dazu brauchen wir eine effiziente Logistik auf dem eher kleinen Flugplatzgelände. Es müssen Sicherheitsbereiche eingerichtet werden und der Verkehr muss klar geregelt sein. Wir sprechen hier von mehreren Hundert Personen aufseiten der Bundeswehr und einer komplexen Baustellenlogistik mit etlichen Hundert Fahrzeugen, die hier in Hochzeiten pro Tag auf dem Gelände unterwegs sein werden.

Sie sind Projektgruppenleiter für den Umbau des Flugplatzes in Wittmundhafen. Welche Aufgaben hat ein Projektgruppenleiter im Staatlichen Baumanagement?

Als Projektgruppenleiter bin ich erste Ansprechperson für alle auf dem NATO-Flugplatz in den Maßnahmen tätigen Projektleiter, mit denen ich jeden Tag im engen Austausch stehe. Aktuell befinden wir uns mit ca. dreißig Maßnahmen in der Umsetzung – mir unterstellt sind acht Projektleiter. Hinzu kommen noch weitere für Einzelmaßnahmen. Meine Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass alles reibungslos abläuft – also eine effektive Teamführung im Bauprojektmanagement. Sobald es Schwierigkeiten gibt, bei denen die Projektleiter Unterstützung benötigen, bin ich da und biete oftmals durch meine Erfahrung und den Blick auf das Gesamtprojekt eine andere Perspektive, die weiterhilft. Gleichzeitig stehe ich im direkten Kontakt mit der Fachaufsicht führenden Ebene, den Bauherren und den Nutzern, also der Bundeswehr. Dafür bin ich zweimal pro Woche selbst auf dem NATO-Flugplatz und sehe mir an, wie sich der Projektstand in den einzelnen Baumaßnahmen darstellt und gehe in den direkten Austausch mit den Projekt­leitern. Und was die Personalführung betrifft, achte ich darauf, dass die Projektleiter ihre Ziele mit möglichst wenig Problemen und Hindernissen erreichen. Da wir uns gerade mitten in der Ausführungsphase befinden, gestaltet sich meine Arbeit sehr abwechslungsreich, kein Tag ist wie der andere. Manchmal gibt es Schwierigkeiten in der Kommunikation, der Qualität oder Koordinations­probleme. Dann rufen die Projektleiter mich hinzu und wir versuchen gemeinsam im Team eine Lösung zu finden. Es ist wichtig, dass es diese Rolle des Projekt­gruppen­leiters gibt. Denn wenn der Fokus zu eng auf Einzelmaßnahmen liegt, dann wird man irgendwann betriebsblind für das große Ganze. Man sollte seinen Erfolg nie selbst beurteilen, sondern dies immer gemeinsam mit anderen tun. Das gilt insbesondere für Führungskräfte wie mich: Selbstreflexion und das Wissen um die eigenen Stärken und Schwächen sind Kompetenzen, die auch Auswirkungen auf den Projekterfolg haben.

Da wir uns gerade mitten in der Ausführungsphase befinden, gestaltet sich meine Arbeit sehr abwechslungsreich, kein Tag ist wie der andere.

Stephan Rinne

Welche Ratschläge oder Tipps würden Sie Bauingenieuren und Bauingenieurinnen oder Architekten und Architektinnen geben, die sich für eine Karriere im Bundesbau beim Staatlichen Baumanagement interessieren?

Offenheit für neue Erfahrungen und Mut, etwas Neues auszuprobieren sind wichtig. Im Bachelorstudium habe ich immer gesagt: Der öffentliche Dienst ist nichts für mich. Das hat sich grundlegend geändert, auch weil sich meine eigenen Lebensumstände stark verändert haben. Die Karrieremöglichkeiten im Staatlichen Baumanagement sind sehr vielfältig. Daher gebe ich allen, die mich danach fragen, den Tipp, viele Erfahrungen zu sammeln und sich interdisziplinär weiterzubilden und weiterzuentwickeln. Der öffentliche Dienst und gerade die Großprojekte im Bundesbau sind spannende Herausforderungen. Ich sprach bereits die neuen Projektstrukturen an. Hier zahlt sich ein breiter Erfahrungs­schatz aus und frische Impulse sind sehr gefragt. Was mein Team auszeichnet, sind die unterschiedlichen Charaktere aus den verschiedensten Fachrichtungen wie Hochbau, Tiefbau, Elektrotechnik, Betriebstechnik und Architektur. Wir denken interdisziplinär, tauschen uns auf Augenhöhe aus und entwickeln uns gemeinsam weiter.

Einfach ausgedrückt lautet mein Rat an Berufseinsteiger oder -umsteiger, immer auch bereit zu sein, sich selbst zu verändern: Gehe raus in die Welt. Wenn du in Hamburg wohnst, gehe nach München zum Studieren, verlasse deine eigene Blase. Das ist immens wichtig gerade in unseren Berufszweigen, da sich viel verändert und wir mit der Kompetenz, uns auf Neues einzulassen, die Zukunft besser gestalten können.

Vielen Dank für die vielen wertvollen Einblicke, Herr Rinne.