Ein Großprojekt im Bundesbau: Elf Einsatztrainings-zentren für den Zoll – seriell geplant, gebaut und nachhaltig realisiert

In Zeiten von Fachkräftemangel sowie knappen finanziellen und materiellen Ressourcen, insbesondere im öffentlichen Sektor, gewinnt das serielle Bauen immer mehr an Bedeutung – auch dank voranschreitender Digitalisierung. Im Pilotprojekt der BImA, bei dem elf Einsatztrainingszentren (ETZ) für die Generalzolldirektion (GZD) in acht verschiedenen Bundesländern errichtet werden, ist die serielle Bauweise beinahe ein Muss. Florian Wiegand ist Architekt mit Erfahrung in Großprojekten und vertritt als Projektverantwortlicher und Referent im Fachgebiet serielles Bauen das bis Ende 2027 laufende Projekt bei der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) in Berlin. Hier gibt er tiefe Einblicke in die spannenden Herausforderungen und Erfahrungen im Rahmen des innovativen Bauprogramms und berichtet offen von den Besonderheiten der Arbeit im öffentlichen Dienst.

Architekt Florian Wiegand beantwortet Fragen rund um seine Arbeit und zum seriellen Bauen

Was ist das Besondere am Bauprogramm für Zoll-Trainingszentren in serieller Bauweise und welche Idee steckt dahinter?

Die Generalzolldirektion möchte bundesweit ein einheitliches Einsatztraining für alle Zollbeamten und Zollbeamtinnen durchführen. Diese haben einen dringenden Bedarf an regelmäßigen Trainings, sei es im Schießen, beim Kampftraining oder bei allgemeinen Sportübungen. Es ist nicht sinnvoll, dafür Anreisen durch ganz Deutschland in Kauf zu nehmen, was derzeit der Fall ist. Und so wurde das bundesweite Bauprogramm „11 Einsatztrainingszentren für die Generalzoll- direktion“ ins Leben gerufen. Diese künftigen elf Einsatzzentren sollen standardisierte Bedingungen für die Trainings bieten und umfassen je Standort ein Einsatztrainingsgebäude für verschiedenste Simulationsszenarien, eine Zweifeldsporthalle und eine Raumschießanlage auf allerhöchstem technischem Standard. Dazu kommen noch Verwaltungs- und Schulungsräume sowie Außenanlagen mit Außentrainingsflächen.
Das Bauprogramm ist in der Tat insgesamt eine große Baumaßnahme. Es ist das Ziel, diese Gebäude an elf verschiedenen Standorten mit unterschiedlichen Gegebenheiten in insgesamt acht Bundesländern baugleich und gleichzeitig zu realisieren. Das geht am effizientesten in serieller Bauweise mit einer gründlich durchdachten Typenplanung und durch die gezielte Nutzung von Skaleneffekten und Synergien, welche sich aus dem enormen Bauvolumen ergeben.

Das Einsatztrainingszentrum vollständig aus der Vogelperspektive dargestellt.

Das Ziel ist es, diese Gebäude an elf verschiedenen Standorten mit unterschiedlichen Gegebenheiten in insgesamt acht Bundesländern baugleich und gleichzeitig zu realisieren.

Florian Wiegand

Was zeichnet serielles oder modulares Bauen aus und warum ist es aktuell besonders wichtig?

Serielles Bauen beinhaltet die werkseitige industrielle Vorfertigung von kom­plexen Bauteilen, um schneller, effizienter und ressourcenschonender bauen zu können. Dies wiederum erfordert einen großen und vor allem replizierbaren Bedarf. In unserem Projekt geht es darum, elf baugleiche Bauprojekte bundesweit umzusetzen, wobei vorgefertigte Teile zum Einsatz kommen. Angesichts des Fachkräftemangels und knapper finanzieller Ressourcen bietet das serielle Bauen erhebliche Vorteile. Es reduziert den Personalbedarf durch Automatisierung und ermöglicht höhere bauliche Qualitäten bei gleichzeitiger Schonung der Ressourcen.

Modulares Bauen ist eine Unterform des seriellen Bauens, bei der meist ganze Raummodule werkseitig vorgefertigt und anschließend auf der Baustelle montiert werden. Diese Dimension des seriellen Bauens findet bei den Einsatztrainings­zentren keine Anwendung, da die Anforderungen und das sich daraus ergebene Raumprogramm hier sehr individuell sind. Vorgefertigt werden sämtliche Fassaden- und Wandelemente, das Tragwerk sowie die technische Gebäude­ausstattung.

Herr Wiegand, als Architekt im Bundesbau, wie sind Sie zu dieser Position gekommen?

Ich habe Architektur studiert und in verschiedenen Architekturbüros gearbeitet. Dort habe ich bereits an Projekten für öffentliche Bauträger – zum Beispiel bei Museums- und Ministerialbauten – mitgewirkt. 

Schließlich kam ich über ein reguläres Bewerbungsverfahren zur BImA. Mich hat die Kombination aus Bundesbau und seriellem Bauen gereizt, da es sich um zukunftsträchtige Themen für den Bund und Projekte mit großen Bauvolumina handelt.

Was war für Sie als Architekt der ausschlaggebende Punkt für den Wechsel vom freien Architekturbüro in den öffentlichen Dienst?

Der Reiz, an großen bundesweiten Bauprojekten mitzuwirken und die damit verbundene Verantwortung zu übernehmen, haben mich zu dem Wechsel motiviert. Und ich wollte es auch einfach probieren, obwohl ich gewisse Vorurteile gegenüber dem öffentlichen Dienst hatte. Bereits im Laufe des Bewerbungsverfahrens habe ich festgestellt, dass sich diese nicht bestätigen würden. Und jetzt bin ich umso mehr davon überzeugt, damals eine gute Entscheidung für mich getroffen zu haben.

Mich hat die Kombination aus Bundesbau und seriellem Bauen gereizt, da es sich um zukunftsträchtige Themen für den Bund und Projekte mit großen Bauvolumina handelt.

Florian Wiegand

Wie sind Sie Referent bzw. Projektverantwortlicher im Fachgebiet serielles Bauen geworden und welche Aufgaben umfassen Ihre Position?

Ich habe direkt nach meinem Einstieg in die BImA den Verantwortungsbereich „serielles Bauen“ übernommen, da das Fachgebiet zu dieser Zeit noch unbesetzt war, es aber spannende Zukunftspläne gab. Ich durfte kurze Zeit nach meiner Einstellung das Bauprogramm in meine Verantwortung übernehmen. Als Projektverantwortlicher und Vertreter der BImA als Bauherrin bin ich stark in das Projektmanagement involviert. Ich bin Ansprechpartner für alle Themen, arbeite eng mit unseren Realisierungspartnern in ganz Deutschland zusammen und begleite das Bauprogramm in allen Phasen. Die Position erfordert viel Kommunikation, um Entscheidungen zu treffen beziehungsweise zu erwirken und die Koordination zwischen allen Beteiligten zu gewährleisten. 

Wie sieht bei Ihnen ein typischer Arbeitstag als Projektverantwortlicher bei der BImA im Fachgebiet serielles Bauen aus?

Einen typischen Arbeitstag gibt es tatsächlich so nicht – jeder Tag verläuft anders, abhängig von der jeweiligen Projektphase, in der wir uns gerade befinden. Das Projekt läuft über knapp sieben Jahre – im August 2024 haben wir die Vergabeverfahren erfolgreich abgeschlossen, also die Befassung mit vielen juristischen und vertragsrechtlichen Themen. Anschließend wird die Entwurfs­planung erstellt. Dann werde ich viel Zeit mit Planungsbesprechungen verbringen und an den Standorten unterwegs sein. Mir gefällt an meinem Job auch die Reisetätigkeit. Ich bin in ganz Deutschland unterwegs und treffe interessante Menschen, vom Trockenbauer bis hin zum Oberbürgermeister.

Ich bin Ansprechpartner für alle Themen, arbeite eng mit unseren Realisierungspartnern in ganz Deutschland zusammen und begleite das Bauprogramm in allen Phasen.

Florian Wiegand

Inwieweit fließt das Nutzerfeedback der Generalzolldirektion in die Planung ein?

Da wir bedarfsgerecht für die Zollbeamten und Zollbeamtinnen bauen, beziehen wir die Verantwortlichen der Generalzolldirektion in fast alle Prozesse ein. Dies ist bei Projekten dieser Größenordnung besonders wichtig, um Missverständnisse zu vermeiden und um sicherzustellen, dass das Endergebnis den Anforderungen entspricht. Die direkte Kommunikation mit den Nutzern und Nutzerinnen erleichtert vieles und führt zügiger zu besseren Ergebnissen.

Welche Tipps würden sie Architekten und Architektinnen geben, die sich für eine Karriere im öffentlichen Dienst beim Bundesbau in den Bauverwaltungen oder bei der BImA entscheiden?

Ob im Bundesbau oder in der freien Wirtschaft, jedes Projekt – ob Garten­häuschen oder Flughafenterminal – hat seine eigenen Herausforderungen, von denen es nur selten Lösungen aus dem Lehrbuch gibt. Wichtig ist es, Sachen anzugehen.

Und zum Bewerbungsprozess möchte ich noch sagen, dass dieser auch hier sehr persönlich ablief: Mein Vorstellungstermin mit meinem jetzigen Vorgesetzten war ein wirklich offenes, gutes Gespräch, das mich letztlich überzeugt hat, den Job anzunehmen. Und bisher sind wir glücklich miteinander geworden, die BImA und ich.

Vielen Dank für die vielen wertvollen Einblicke, Herr Wiegand.