Regelmäßige Überprüfung von Kriegshinterlassenschaften

Zu den Aufgaben des Bundesbaus gehören nicht nur das Bauen von und in Bundesimmobilien. Auch die Kriegshinterlassenschaften aus dem Zweiten Weltkrieg müssen regelmäßig überprüft werden, damit sie nicht zur Gefahr werden. Das wird im AKG (Allgemeines Kriegsfolgengesetz) geregelt. Dazu gehören beispielsweise Wehrmachtsstollen, ehemalige Produktionsstollen und Anlagen aus dem zivilen Luftschutz, aber auch Bunker- und weitere Verteidigungsanlagen.

Gutachter für Überprüfungen – Bergtechnische Sachverständige

Die BImA (Bundesanstalt für Immobilienaufgaben) ist dabei auch für die nicht-bundeseigenen Anlagen zuständig. Die Bauverwaltungen in Brandenburg und Nordrhein-Westfalen stellen die Gutachter für die Überprüfungen. Sofern sich aus den Gutachten notwendige Baumaßnahmen ergeben, ist jede für den Bund tätige Bauverwaltung selbst zuständig.

Für den Bundesbau in Nordrhein-Westfalen übernimmt das Markus Freiwerth. Er ist Bergtechnischer Sachverständiger für Angelegenheiten des AKG. Für diese Arbeit qualifizierte er sich mit einem Master of Science im Rohstoffingenieurwesen sowie einem zweiten Staatsexamen im Bergfach.

Ich fand die Aufgaben des Gutachters schon immer sehr interessant.

Markus Freiwerth

Mit dem fröhlichen Bergmannsgruß „Glück auf“ beantwortet Markus Freiwerth uns gern einige Fragen.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag aus?

Mein Aufgabenbereich weist starke Gegensätze auf. Ich bin zum einen „normal“ im Büro tätig. Zum anderen, was für mich persönlich normaler ist, bin ich unter Tage in Stollenanlagen unterwegs. Dabei reicht meine Zuständigkeit von Bremen bis in die Südpfalz – ich reise viel.

Was passiert, wenn Sie einen Stollen begutachten?

Bei einer Stollenbefahrung treffe ich mich mit Kolleginnen und Kollegen der jeweiligen Bauverwaltungen, zum Beispiel aus dem örtlichen Bau- und Liegenschaftsbetrieb, und einem Vertreter/einer Vertreterin der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA). Eine Person bleibt als Sicherungsposten draußen. Ausgestattet mit Helm, Overall, Stiefeln, Kopflampe, Gasmessgerät und ggf. Anglerhose betreten wir dann den Stollen.

Wir begutachten nach dem Vier-Augen-Prinzip die Stollenanlage auf ihre Standsicherheit, Verbruch, sich ansammelndes Gas, Wassereintritte und die ordnungsgemäße Absicherung der Anlage. Je nach Anlage müssen wir auch schon mal kriechen, brusttief im Wasser waten oder uns mit dem Seil ablassen. Dabei geht der Blick immer zielgerichtet nach oben zur Firste, also zur Stollendecke.

Die Arbeit ist nichts für Laien, Hobbyforscher oder Abenteurer! Deshalb machen wir eigentlich auch keine Werbung, da es zu viele Neugierige anzieht.

Wenn Gefahren für Leben und Gesundheit festgestellt werden, leite ich entsprechende Sicherungsmaßnahmen ein.

Salamander in der Natur. Markus Freiwerth ©

Ausgestattet mit Helm, Overall, Stiefeln, Kopflampe, Gasmessgerät und manchmal auch Wathose betreten wir dann den Stollen.

Markus Freiwerth

Wie sehen diese Sicherungsmaßnahmen aus?

In der Regel werden die Stollen mit einem sog. Dämmer (pumpfähiger, zementhaltiger Baustoff) verfüllt. Die Sicherungen müssen der jeweiligen geologischen und hydrogeologischen Situation angepasst werden. Sofern natur- und denkmalschutzrechtliche Aspekte zu berücksichtigen sind, braucht es auch schon einmal Speziallösungen.

Was schätzen Sie besonders an Ihrer Arbeit? Gibt es Dinge, die Sie gern verbessern würden?

Ich mag den eben beschriebenen Gegensatz zwischen der Arbeit unterwegs und im Büro. Den Austausch mit den Kollegen schätze ich sehr. Die Eigenverantwortung und Selbstständigkeit in meinem Aufgabengebiet ist ein weiteres großes Plus.

Schön zu sehen ist auch, wenn die Stollen als Habitat von Fledermäusen oder Feuersalamander und Co. bewohnt werden. Viele Anlagen stehen auch unter Denkmalschutz und dienen dem Gedenken an die Kriegsopfer.

Bei notwendigen Sicherungsmaßnahmen, die ja im Risikofall durch mich initiiert werden, ist dann viel Verständnis und Zusammenarbeit von allen Beteiligten gefragt. Das Rechtsgebiet AKG und die Zuständigkeiten sind oft schwieriger als man meinen will. Ich versuche dann als Verbindungsstelle zwischen den beteiligten Behörden zu agieren. Das ist manchmal schon eine Herausforderung, hat bisher am Ende aber meistens gut geklappt.

Feuersalamander auf dem Waldboden. Markus Freiwerth ©

Ich mag den Gegensatz zwischen der Arbeit unterwegs und im Büro. Den Austausch mit den Kollegen schätze ich sehr. 

Markus Freiwerth

Was hat Sie bewogen, sich bei der OFD Bau zu bewerben?

Das war eher ein glücklicher Zufall. Bereits während meines Bachelor-Studiums hatte ich die Möglichkeit, die „Heimkehle“ zu besichtigen. Das ist eine Höhle, die im zweiten Weltkrieg als Produktionsstätte genutzt wurde. Der Begleiter bot den Studenten ein Praktikum in diesem Bereich an. Das war mein erster Berührungspunkt mit der Arbeit unter Tage und ich bin nicht mehr davon losgekommen.

Vor rund zehn Jahren schrieb ich bei einem Bergbauunternehmen meine Abschlussarbeit begleitend zu der Sicherung einer ehemaligen Luftschutzanlage. Dort kam ich das erste Mal in Kontakt mit dem Allgemeinen Kriegsfolgengesetz. Ich fand die Aufgaben des Gutachters damals schon sehr interessant. Ende 2017, auf der Suche nach einer Stelle für einen Freund, stießen wir dann auf die Ausschreibung der OFD. Es ergab sich also tatsächlich die Chance – und es hat geklappt!

Womit verbringen Sie Ihre Freizeit?

Freizeit, was war das gleich? Wenn es Haus, Garten und Familie zulassen, gehe ich gern bouldern, d. h. klettern. Nicht zu verwechseln mit dem Kugelspiel.