Um den besonderen Anforderungen eines Leitmuseums gerecht zu werden, wurden in der Museumskonzeption zwei Ausstellungsbereiche vorgesehen. Die chronologische Ausstellung über die Entwicklung des Militärs wurde im historischen Arsenalgebäude verortet. Die übergeordneten Themen sollten in einem Ergänzungsbau gezeigt werden, der genügend Raum für eine erweiterte Museumskonzeption und eine zeitgemäße Präsentation lässt.
Im Ergebnis des im März 2001 gestarteten Vergabeverfahrens erhielt im April 2002 das Projektteam Studio Libeskind/Prof. HG Merz, das diese Vorgabe auf überraschende wie überzeugende Weise anging, den Auftrag. Anstelle eines Anbaus durchdringt das neue Gebäude die alte Bausubstanz. „Das bestehende symmetrische Arsenalhauptgebäude erfährt durch die Überlagerung mit dem zur Hauptachse gedrehten keilförmigen Neubau eine asymmetrische Neugliederung“, beschreibt der Architekt Libeskind den Entwurf. Diese Neugliederung wurde in Architektur und Museumsgestaltung konsequent umgesetzt.

Schräge Wände im Kontrast zum Bestand

Die Fassade des Neubaus ist als Antwort auf den Altbau konzipiert. Abgeschlossenheit und Massivität der vorhandenen Fassade stehen der Offenheit und Transparenz der neuen Fassade gegenüber. Die Altbaufassade repräsentiert die Strenge der autoritären Vergangenheit, in der sie entstand. Die Neubaufassade symbolisiert die Offenheit einer demokratischen Gesellschaft und die veränderte Rolle ihres Militärs.
Der stützenfreie Raum des Neubaus bildet den Kontrast zum strengen Stützenraster des Altbaus. Charakteristisch für den Neubau sind die in verschiedene Richtungen geneigten Wände und geschossübergreifenden vertikalen Vitrinen.

Luftbilder des Gebäudes

Anspruchsvolle Statik, hohe Sichtbeton-Qualität und ein spezielles Schalsystem

Für den Bau des „Keils“ waren aufgrund der bis zu 19 Grad geneigten Außenwände und der geforderten Sichtbetonklasse 4 innovative technische Lösungen erforderlich. Um die geforderte hohe beidseitige Sichtbeton-Qualität sicherzustellen, wurde vor Ort betoniert und die Arbeiten durch ein „Sichtbeton-Team“, bestehend aus Architekten, dem Schalungshersteller, dem bauausführenden Unternehmen und dem Betonlieferanten, begleitet. Zu lösende Probleme reichten von schalungstechnischen Fragen über die Wahl der geeigneten Betonrezeptur bis zum fachgerechten Verdichten des Betons. So wurde ein spezielles Schalungssystem entwickelt, das dem durch die geneigten Wände entstehenden extremen Druck des Frischbetons standhalten konnte. Aus statischen Gründen mussten alle Betonwände abschnittsweise nacheinander gegossen werden, um sich gegenseitig stützen zu können und bis zum Ende der Rohbauphase komplett eingeschalt bleiben.

Hauptansicht des militärhistorischen Museums Dresden Prof. Jörg Schöner, Dresden ©

Die Neubaufassade symbolisiert die Offenheit einer demokratischen Gesellschaft und die veränderte Rolle ihres Militärs.

Einhaltung konservatorischer Anforderungen

Als Grundlage der Planung erfolgte eine präzise Beschreibung der zu präsentierenden Exponate inkl. deren konservatorischer Anforderungen. Daraus ergaben sich Forderungen an Temperatur, Beleuchtung, Luftfeuchte, maximale Schadstoffgehalte von Oberflächen, Sicherheit, den Transport und die Verwendung von vielfältigen Tools zur Präsentation der Exponate, wie „Buchstützen“, Blackboxes etc. Viele dieser Forderungen wurden bei diesem Projekt erst im Verlauf der Planung und manchmal auch erst mit der Ausführung klar benannt oder noch einmal geändert.
Insbesondere die chronologischen Ausstellungen im Altbau mit Präsentation besonders vieler Exponate war mit hohen konservatorischen Anforderungen verbunden. Um die konservatorischen und sicherheitstechnischen Anforderungen umzusetzen, wurden letztlich geschlossene Vitrinen anstelle der ursprünglich vorgesehenen offenen Vitrinen geplant. Auch die Entscheidung weg vom Tageslichtmuseum fiel erst in einer späteren Planungsphase. Um den Tageslichteinfall zu reduzieren, erhielten die großen historischen Fenster Innenverschattungen aus reflektierendem Spezialgewebe, die gleichzeitig das Aufheizen der Ausstellungsräume verhindern.

Durchdachtes Beleuchtungskonzept

Um eine aktive Klimatisierung der Ausstellung zu vermeiden, wurden die Vitrinen mit einem Kaltlichtsystem ausgestattet. Dieses Beleuchtungssystem hat den Vorteil, dass sich sämtliche Lichtquellen außerhalb der Schaukästen befinden und das Licht über Glasfasern ins Innere der Vitrinen transportiert wird. Infrarot- und UV-Strahlung sowie die Wärme der Leuchtelemente können so die Exponate nicht schädigen. Die Ausstellungsstücke können außerdem separat ausgeleuchtet und wirkungsvoll inszeniert werden. Besonders lichtempfindliche Exponate werden in einer „Blackbox“ präsentiert, deren Beleuchtung nur durch den Besucher selbst aktiviert werden kann.

Vitrinen im Bereich Chronologie (Altbau)

Einbringung und Transport von Groß- und Schwerexponaten

Die Ausstellungskonzeption sah auch die Präsentation von Groß- und Schwerexponaten vor, deren Einbringung aufgrund von Schnittstellen zum Bau frühzeitig geplant werden musste. Für die „Sojus“-Raumkapsel (1.700 kg) wurde bereits im Rohbau ein spezielles Schienensystem in die Decke integriert. Große Exponate wie der „Brandtaucher“ mussten aufgrund abweichender Maßvorgaben bereits nach Abschluss des Rohbaus durch Spezialfirmen eingebracht und bis zum Transport an den endgültigen Standort mehrfach umgelagert werden. Für diese und weitere Exponate wurde deshalb aus statischen und organisatorischen Gründen eine spezielle Einbringplanung erstellt. Sie definierte Transportwege, die mit Lastverteilungsplatten auszulegen waren, die Aufbaureihenfolge des Vitrinenmäanders und beschrieb, zu welchem Zeitpunkt der Aufbau für die Einbringung der Schwer- und Großexponate zu unterbrechen war. Für die Verbringung besonders schwerer Exponate wurde eigens ein Transportwagen entwickelt. In den vertikalen Vitrinen mussten die Exponathängungen zum Teil durch Spezialfirmen ausgeführt werden. Der Hubschrauber „Alouette“ wurde z. B. in Einzelteile zerlegt, an den Präsentationsort gehoben, zusammengesetzt und mit Exponathaltern an den Wänden fixiert. Um die Exponate bestimmungsgemäß, schadenfrei und sicher zu präsentieren, wurden die Materialbeschaffenheit und die Beanspruchung durch die Einbringung sowie Inszenierung geprüft. Die Ergebnisse bildeten die Grundlage für die Einbringtechnologie inkl. notwendiger Unterstützungsmaßnahmen.

Bildergalerie: Neubau Militärhistorisches Museum Dresden