Architekt Florian Wiegand beantwortet Fragen rund um das serielle Bauen

Welche Vorteile bieten serielles und modulares Bauen? 

Serielles Bauen bietet durch die industrielle Vorfertigung von Bauteilen zahlreiche Vorteile, insbesondere bei Projekten mit wiederkehrendem Bedarf. Es ermöglicht eine schnellere und effizientere Bauweise, was besonders in Zeiten von Fachkräftemangel und begrenzten finanziellen Mitteln von Bedeutung ist. Zudem trägt es dazu bei, Ressourcen zu schonen und die bauliche Qualität zu steigern. 

Modulares Bauen ist eine Unterform des seriellen Bauens, bei der meist ganze dreidimensionale Raummodule unter industriellen Bedingungen produziert werden. Diese vorgefertigten Bauteile werden anschließend auf der Baustelle nach dem Baukastenprinzip zu einem Gebäude zusammengefügt. 

Vorteile im Überblick:

  • Schnelligkeit: Durch die Vorfertigung von Bauteilen kann die Bauzeit deutlich verkürzt werden.
  • Effizienz: Automatisierte Prozesse verringern den Arbeitsaufwand und ermöglichen es, Bauprojekte schneller und planungssicherer abzuschließen.
  • Ressourcenschonung: Der gezielte Einsatz von Materialien in der Vorfertigung reduziert Abfall und schont natürliche Ressourcen.
  • Qualität: Industrialisierte Fertigungsverfahren gewährleisten eine höhere und gleichbleibende bauliche Qualität.
  • Kostenersparnis: Serielle Bauverfahren senken durch den reduzierten Arbeitsaufwand und die optimierte Ressourcennutzung die Gesamtkosten.

Was sind die größten Herausforderungen beim seriellen Bauen?

Eine der größten Herausforderungen ist der Föderalismus im Baurecht. Jedes Bundesland hat eigene Bauordnungen und die Umsetzung baugleicher Projekte in verschiedenen Bundesländern erfordert eine Typenplanung, die planerisch den kleinsten gemeinsamen Nenner aller Vorschriften findet. Zudem erfordert serielles Bauen gerade bei großen Bauvolumina eine enge Zusammenarbeit und ein einheitliches Verständnis der Aufgabe aller Beteiligten, um die Synergien voll ausschöpfen zu können. Das Motto lautet: „Einmal planen, elfmal bauen.“

Wie lösen wir diese Herausforderungen? Wir sehen eine vergleichsweise längere und umfangreichere Planungsphase vor, um Planungsfehler zu vermeiden, da sich diese bei der weiteren Umsetzung um ein Vielfaches wiederholen würden. Dafür verkürzt sich durch die Vorfertigung von Bauteilen die kostenintensive Bauphase vor Ort.

Für welche Bauprojekte ist serielles Bauen nicht geeignet? Was sind die Nachteile von seriellem Bauen?

Serielles und modulares Bauen setzen voraus, dass ich vorgefertigte Bauelemente beziehungsweise Module zur Montage auf die Baustelle transportieren muss. Das bedeutet, dass wir mit eingeschränkten Spannweiten arbeiten müssen, was wiederum gewisse Nutzungen ausschließt. Unterkunfts-, Wohnungs-, Schul- und Bürobau lassen sich aber generell sehr gut in serieller beziehungsweise modularer Bauweise umsetzen.

Projekte mit großen Spannweiten, also repräsentative öffentliche Gebäude, wie etwa Museen, Stadien oder Bahnhöfe, sind hingegen nur eingeschränkt mit seriellen Methoden umzusetzen. Hinzu kommt, dass bei diesen Gebäude-typologien hohe ästhetische Ansprüche zu berücksichtigen sind – da steckt serielles Bauen noch in den Kinderschuhen. Das Paradebeispiel hierfür ist der „Plattenbau“. Aber es bewegt sich.

Die Außenansicht zeigt den Eingang des Zentrums

Das Motto lautet: „Einmal planen, elfmal bauen.“

Florian Wiegand

Welche Tools und Technologien nutzen Sie für Ihr Projekt im seriellen Bauen?

Digitalisierung ist ein Muss, gerade beim seriellen Bauen auch im Sinne der Skalierbarkeit und Einheitlichkeit bei gleichbleibender Qualität. Wir nutzen eine leistungsstarke Projektmanagement-Plattform. Weiterhin arbeiten wir mit Datenbanken wie Access sowie Power BI und haben dort verschiedene Anwendungen für das Building Information Modeling (BIM). Im Augenblick sind wir im Projekt über hundert Beteiligte, die alle vernetzt über eine Online-Anwendung miteinander arbeiten können – das werden in Zukunft noch mehr werden. So werden alle Prozesse digital einheitlich und immer tagesaktuell dargestellt, diese digitale Bauplanung ist bei Bauprojekten dieser Größenordnung unabdingbar.

Perspektivisch möchten wir KI-Anwendungen nutzen, z. B. für das Termin-, Kosten-, Risiko- und das Wissensmanagement.

Wie sieht die Zukunft im seriellen Bauen aus? Welche Trends sehen Sie hier in der Baubranche?

Serielles Bauen ist im Grunde keine neue Erfindung. Angefangen hat es mit vorgefertigten Ziegelsteinen 8.000 Jahre vor Christus. Neue Material-entwicklungen und Technologien machen hier immer mehr möglich.

Der Trend in der Baubranche geht in Richtung Nachhaltigkeit und Ressourcen-schonung. Hier kann das serielle Bauen in vielen Facetten punkten. Ich sehe also persönlich goldene Zeiten.

Der Trend in der Baubranche geht in Richtung Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung. Hier kann das serielle Bauen in vielen Facetten punkten.

Florian Wiegand

Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit beim seriellen Bauen und im Großprojekt für den Bundesbau, bei dem Sie als Projektverantwortlicher elf Einsatztrainingszentren für den Zoll errichten? 

Nachhaltigkeitskriterien sind wichtig in unserem seriellen Großbauprojekt. Wir haben uns bewusst dafür entschieden, den Fokus auf nachhaltige Bauweisen zu legen, selbst wenn dies teilweise höhere Kosten verursacht. Wir bauen die Einsatztrainingszentren in Holzhybrid-Bauweise nach EGB 40 und BNB-Silber-Standard. Ziel ist außerdem ein bilanziell autarker Betrieb bei der Energie­versorgung. Hierfür kommen PV-Module sowohl auf den Dächern, an den Fassaden und auf den Carports über den Pkw-Stellplätzen zum Einsatz. Über die Hälfte der Parkplätze wird mit Ladestationen für E-Mobilität ausgestattet. Auch die Begrünung von Fassaden und Dachflächen zur Verdunstung von gesam­meltem Regenwasser gehört zu unseren Maßnahmen, um den ökologischen Fußabdruck zu minimieren und die Klimaschutzziele der Bundesregierung zu erreichen.

Wir betrachten Nachhaltigkeitskriterien übrigens nicht nur für die Realisierungs­phase, sondern über den gesamten Lebenszyklus unserer Gebäude – von der Grundstückswahl, über den Bau, den Betrieb bis hin zum Rückbau.

Vielen Dank für den Einblick in dieses spannende Themengebiet, Herr Wiegand.