Der Umbau eines Pferdestalls klingt zunächst nicht nach einer komplizierten Aufgabe, doch den Verantwortlichen wurde schnell klar, dass sich das Projekt zu einer echten Herausforderung entwickeln würde. So musste das Staatliche Baumanagement Lüneburger Heide in seinem Entwurf speziell darauf achten, die historische Bausubstanz weitestgehend sichtbar zu erhalten bzw. sie modern zu interpretieren.

Außenhülle in ursprünglichen Zustand zurückversetzt

Die Außenhülle des in weiten Teilen sanierungsbedürftigen Fachwerkbaus musste komplett erneuert bzw. restauriert werden, um sie in ihren ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen. Schadhafte Teile des Eichenfachwerks wurden zimmermannsgerecht erneuert, um die Standsicherheit des Gebäudes zu gewährleisten. Die neuen Fachwerkteile wurden vor dem Einbau mit hohem Druck sandgestrahlt, damit sich die Oberflächenstruktur des Holzes dem Altbestand anpasst.

Mit Liebe zum Detail für ein harmonisches Gesamtbild

Da große Teile der ursprünglichen Ziegelsteine im Laufe der letzten Jahrzehnte durch andere Steine ersetzt worden waren, wurde in Zusammenarbeit mit einer Ziegelei ein spezieller Stein entwickelt, der vom Original kaum zu unterscheiden ist. Dieser wurde beim Ausmauern der Felder zwischen den Holzbalken mit den verbliebenen und gereinigten Originalsteinen gemischt, um ein harmonisches Gesamtbild zu erreichen. Die Dacheindeckung erfolgte mit einem Geradschnitt-Hohlfalzziegel, der alle technischen Vorteile eines modernen Ziegels bietet, diese jedoch mit dem Aussehen eines historischen Dachziegels kombiniert. Hierfür wurde ein Ziegel gewählt, der durch verschiedene Farbnuancen das Gefühl gibt, ein „altes“ Dach vor sich zu haben.

Fehlende oder beschädigte Sprossenfenster wurden unter Zuhilfenahme der originalen Muster nachgebaut. Die größte Herausforderung war die Nachfertigung der historischen Öffnungsmechanismen. Die Eingangstüren zum Gebäude sind in ihrer Optik den historischen Stalltüren nachempfunden, jedoch ohne auf die Vorzüge einer modernen Tür zu verzichten.

Innenraum neu aufgebaut

Der Innenraum des Gebäudes mit einer Bruttogesamtfläche von 500 qm wurde unter Berücksichtigung der ursprünglichen Raumaufteilung und der historischen Materialien komplett neu aufgebaut. Auf die zwei Haupttrennwände des Gebäudes wurde ein Putz aufgetragen, der optisch einem alten Stallputz nachempfunden ist. Der Boden des Gebäudes ist mit einem eingefärbten und geschliffenen Estrich versehen, der durch seine farbliche Inhomogenität die Optik des ehemaligen Stampfbeton-Bodens modern interpretiert.

Im Eingangsbereich befanden sich historische Pferdeboxen, die nach ihrer Aufarbeitung wieder ihren Platz im Gebäude gefunden haben und den Stallcharakter schon beim Betreten eindrucksvoll unterstreichen. Hier sind nun die Teeküche, die Garderobe und der Kopierraum untergebracht. Die WCs erhielten einseitig eine Wandbekleidung, bei der Teile des alten Fußbodenbelags des Dachbodens wiederverwendet wurden.

Besprechungsraum mit hellem Wandputz und Estrichboden
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2020

Fertigstellung

ca. 500 m²
Bruttogrundfläche

Historische Bausubstanz modern interpretiert, eine zeitgemäße, sinnvolle Nutzung ermöglicht sowie ökologisch und barrierefrei vorbildhaft umgesetzt.

Freie Sicht und historischer Raumeindruck

Im Mittelteil des Gebäudes entstanden sieben Arbeitsplätze, die in drei Einzel- und zwei Doppelbüros aufgeteilt sind. Da die Fenster im nördlichen Bereich aus denkmalpflegerischer Sicht nicht tiefer gesetzt werden konnten, jedoch zu hoch liegen, um dem Arbeitsrecht zu entsprechen, wurden Glaswände eingebaut. Das ermöglicht zum einen die freie Sicht nach außen und zum anderen wird der historische Raumeindruck des großen Stalls gewahrt. Um die Eingänge zu den Büros in den Glaswänden besser ablesbar zu machen, sind auch diese Türen alten Stalltüren nachempfunden.

Ökologisch und barrierefrei 

Auf die Umsetzung der Barrierefreiheit im gesamten Gebäude wurde großer Wert gelegt. Die flurseitig platzierten Pflanzkästen dienen einerseits als Anfahrschutz für Rollstuhlfahrer, andererseits bieten sie durch die Gräser aber auch eine farbliche Trennung zwischen Boden und Wand, um sehbehinderten Menschen mehr Sicherheit zu bieten. So konnten die Vorschriften zur Barrierefreiheit auf ungewöhnliche Art umgesetzt werden. Weiterhin ermöglicht ein barrierefreier Sanitärraum, ein taktiles Leitsystem, kontrastierende Bedienelemente und vieles mehr auch Menschen mit Einschränkungen einen ungehinderten Zugang zum Gebäude.

Durch die Verwendung von Baustoffen wie Lehm, Holz, Kork und Holzfaserplatten hat das Staatliche Baumanagement ein ökologisch wertvolles Gebäude realisiert, das der Historie, aber auch den aktuell geltenden Vorschriften gerecht wird und eine zeitgemäße, sinnvolle Nutzung ermöglicht. Die durch Geothermie versorgte Fußbodenheizung arbeitet ohne fossile Brennstoffe und trägt somit zur Vorbildfunktion des Bundesbaus und der Bundesforstverwaltung bei.