Dass das heutige Biosphärenareal für die Öffentlichkeit wieder nutzbar wird, ist Aufgabe der Bundesbauverwaltung Mecklenburg-Vorpommern. 2016 wurde sie beauftragt, auf dem Areal eine technische Erkundung und Testfeldräumung gemäß der Baufachlichen Richtlinie Kampfmittelräumung des Bundes vorzunehmen. Denn von 1935 bis 2011 wurde der Truppenübungsplatz in Lübtheen von unterschiedlichen Armeen für verschiedene militärische Zwecke genutzt. Das hat Spuren hinterlassen, es gibt teilweise bis heute auf dem Gelände eine hohe Kampfmittel-, Boden- und Grundwasserbelastung durch sprengstofftypische Verbindungen. Aktuell wird mit Hochdruck und den Naturgewalten zum Trotz gearbeitet. Bis Ende 2022 sollen bestimmte Flächen, Wege und Brandschneisen wieder für die öffentliche Nutzung freigegeben und erlebbar gemacht werden.


Viel Erfahrung und fundierte Expertise 

Von der Bundeswehr nicht mehr benötigte Truppenübungsplätze werden an die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) zurückgegeben. Als Eigentümerin ist es ihre Aufgabe, das Areal hinsichtlich möglicher Risiken systematisch zu erfassen und alle nötigen Maßnahmen einzuleiten, um Gefahren, die von dem Gelände ausgehen, zu beseitigen. So war es auch in Lübtheen.

Der ehemalige Truppenübungsplatz war besonders mit Munition und Munitionsresten belastet, weil ihn verschiedene Armeen lange Jahre nutzten. Während des Zweiten Weltkriegs war die Wehrmacht auf dem Gelände tätig. Zudem befand sich auf dem Areal das Munitionshauptlager der Deutschen Marine, das nach Ende des Krieges von den sowjetischen Streitkräften gesprengt wurde. Ab 1956 baute die Nationale Volksarmee den Platz auf 6.525 ha aus und nutzte diesen als Gefechtsübungs- und Schießplatz. Nach der Wiedervereinigung nutzte die Bundeswehr den Platz. Die Kampfmittel-, Boden- und Grundwasserbelastung war bei Übernahme des Geländes durch die BImA enorm hoch und wird bis heute Schritt für Schritt gesenkt. Gesteuert wird das Projekt durch die Bundesbauverwaltung Mecklenburg-Vorpommern. Mit rund 250 betreuten Projekten verfügt sie über viel Erfahrung sowie eine fundierte Expertise auf dem Gebiet der Altlasten- und Kampfmittelbearbeitung auf bundeseigenen Liegenschaften. 

Baufachliche Richtlinien als Orientierung

Neben den jeweiligen Spezifika der Kontamination bergen Projekte wie in Lübtheen noch weitere Herausforderungen. Die zeitintensive Recherche zu militärhistorischen Daten, die umfängliche Koordination einer Vielzahl von Behörden, langwierige Ausschreibungs- und Genehmigungsverfahren, die Beschaffung von hochspezialisierten, aber kaum verfügbaren Räumungsspezialisten sowie die Prüfung und Abstimmung der Natur- und Artenschutzbelange sind nur einige Beispiele für diese Herkulesaufgabe. Um der Verantwortung für die Altlasten- und Kampfmittelbearbeitung dennoch gerecht zu werden, formuliert der Bund entsprechende Baufachliche Richtlinien. Darin enthalten sind Vorgaben für die fachlich korrekte Vorgehensweise bei Planung und Ausführung der Kampfmittelräumung. Das Ziel: Werden die Baufachlichen Richtlinien konsequent angewendet, ist ein einheitliches, kostengünstiges und nachhaltiges Verfahren gewährleistet.

Karte zur Übersicht der Kampfmittelbearbeitung Amt für Bundesbau ©

Nach der Kampfmittelbearbeitung folgt die Wiederaufforstung als Mischwald.

Zügige Gefahrenabwehr als Priorität

Diese Richtlinien waren auch in Lübtheen die Basis für das Vorgehen der Bundesbauverwaltung Mecklenburg-Vorpommern. Zur Gefahrenabwehr wurde zunächst ein Waldbrandschutzkonzept erstellt. Definiert wurde ein Sicherheitsbereich von 1.000 Metern zwischen der Fläche des ehemaligen Marine-Artillerie-Arsenals und den sonstigen kampfmittelbelasteten Gebieten zu den naheliegenden Ortschaften. Dieser Bereich sollte explizit auf Kampfmittelbelastung untersucht werden, um zügig konkrete Handlungsempfehlungen für das weitere Vorgehen zu erhalten. Vorab wurde dafür ein Räumkonzept erstellt und mit der BImA, dem Niedersächsischen Landesamt für Bau- und Liegenschaften (NLBL) und dem Munitionsbergungsdienst (MBD) abgestimmt.

Das NLBL ist deshalb beteiligt, weil es vom Bund als Leitbauamt zur Unterstützung und Beratung der übrigen Bundesbauverwaltungen in Sachen Kampfmittelbearbeitung berufen worden ist. Die eigentlichen Untersuchungen zur „Gefährdungsabschätzung Technische Erkundung“ (Phase B/1) und zur „Testfeldräumung“ (Phase B/2) begannen im Frühjahr 2018 und wurden im Dezember 2018 erfolgreich abgeschlossen. Danach erfolgte die Auswertung der Ergebnisse zur Vorbereitung der weiteren Untersuchungen. 

Waldbrände als zusätzliche Herausforderung 

Massiv gestört wurde die Untersuchungsphase dann im Sommer 2019 durch eine ungeplante Herausforderung. Von Ende Juni bis Mitte Juli kam es aufgrund einer Hitzewelle zu dramatischen Waldbränden auf dem Gelände des Truppenübungsplatzes, insbesondere im Bereich des ehemaligen Marine-Artillerie-Arsenals. Es brannte insgesamt auf einer Fläche von 944 Hektar. Das führte zu erheblichen Munitionsdetonationen und erschwerte die Löscharbeiten massiv. Um die Feuer unter Kontrolle zu bringen, wurden als Sofortmaßnahme Brandschneisen geschlagen. Auch auf administrativer Ebene wurde schnell gehandelt: Der Bund verpflichtete sich umgehend, flächendeckende Kampfmittelräummaßnahmen in Lübtheen zu veranlassen und die dafür notwendige Finanzierung abzusichern. 

Junge Knospen spriessen aus dem Waldboden
© picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild / Jens Büttner
Junge Knospen spriessen aus dem Waldboden

Wiederaufforstung als großes Ziel

Durch die Waldbrände sind am Ende fast 1.000 Hektar Waldbestand zerstört worden. Vor dem Beginn der Kampfmittelräumung muss der vorhandene tote, aber auch der noch gesunde Wald einschließlich Wurzelwerk flächendeckend entfernt werden. Die Fällarbeiten übernehmen die beauftragten und spezialisierten Räumfirmen. In Absprache zwischen Bundesforst und Biosphärenreservat werden die Flächen anschließend aufbereitet und schließlich als Mischwald wiederaufgeforstet. Ob noch vor Beginn der Maßnahme eine spezielle artenschutzrechtliche Prüfung durchzuführen ist, ist noch offen.